Festlegung des Kindesunterhalt anhand fiktiven Vollerwerbseinkommen

Festlegung des Kindesunterhalt anhand fiktiven Vollerwerbseinkommen
2. Juni 2015 RA Markus Quandt, LL.M.

Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) berichtet auf seiner Internetseite über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zu den Voraussetzungen der Festlegung des Kindesunterhalt anhand von fiktivem Vollerwerbseinkommen bei einem arbeitslosen, unterhaltspflichtigen Elternteil.

(Quelle: http://anwaltverein.de/de/newsroom/famr-02-14)

Pressemitteilung Familienrecht

Festlegung des Kindesunterhalts anhand von fiktivem Vollerwerbseinkommen

Hamm/Berlin (DAV). Ist ein unterhaltspflichtiger Elternteil arbeitslos, muss er nachweisen, dass er sich hinlänglich um eine Arbeitsstelle bemüht hat. Kann er dies nicht, wird zur Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit ein fiktives Einkommen festgelegt. Zugrunde gelegt werden muss dabei ein fiktives Vollerwerbseinkommen, kein fiktives Nebenerwerbseinkommen. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Januar 2014 (AZ: 3 UF 192/13).
Die getrennt lebenden Eltern dreier minderjähriger Kinder stritten über die Verpflichtung des Vaters, monatlich rund 950 Euro Unterhalt für die Kinder zu zahlen. Der Mann erhielt Arbeitslosengeld II in Höhe von etwa 775 Euro.
Die Kinder hätten keinen Anspruch auf Unterhalt, da der Vater keine Leistungen in ausreichender Höhe erhalte, so die Richter. In der Tat könnte der Mann aber einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nachgehen. Er habe nicht nachgewiesen, dass er dies aus gesundheitlichen Gründen nicht könne oder trotz ausreichender Bemühungen keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit sei daher von einem fiktiven Vollerwerbseinkommen auszugehen. Dies betrage bei einem Hilfskoch in Nordrhein-Westfalen monatlich durchschnittlich 1.387 Euro brutto. Von diesem Einkommen seien Steuern, Sozialversicherungsabgaben und berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Übrig bleibe ein Nettobetrag, der unter dem sogenannten Selbstbehalt eines voll Erwerbstätigen von 1.000 Euro liege. Unterhaltspflichtige haben aber Anrecht auf einen monatlichen Selbstbehalt, von dem sie ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können.
Lege man der Berechnung die monatlichen Sozialleistungen und ein fiktives, teilweise anrechnungsfrei bleibendes monatliches Nebeneinkommen zugrunde, ergebe sich rein rechnerisch eine Leistungsfähigkeit in geringem Umfang. Das fiktive Einkommen betrage rund 940 Euro, dem ein Selbstbehalt von 850 – 900 Euro gegenüberstehe. Die Differenz wäre der zu zahlende Kindesunterhalt.
Jedoch nur bei einem bereits gerichtlich festgelegten Unterhaltsanspruch komme es auf das aus Sozialleistungen und Nebeneinkommen bestehende Einkommen an. Ein Unterhaltsanspruch dürfe aber nicht auf der Grundlage festgestellt werden, dass der Unterhaltsschuldner auf Dauer im Bezug von Sozialleistungen und eines anrechnungsfreien Teils fiktiver Nebeneinkünfte verbleibe. Deswegen sei die Leistungsfähigkeit des Vaters als Unterhaltsschuldner nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen zu beurteilen.
Pressemitteilung vom 25.03.2014 00.00